In der ARD-Sendung „Maischberger“ zeigte sich Sahra Wagenknecht zum ersten Mal öffentlich nach der enttäuschenden Bundestagswahl. Die Chefin des Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) wies jegliche Kritik an ihrer Person und ihrer Führungsweise entschieden zurück. Trotz interner Spannungen und eines schwachen Wahlergebnisses will sie die Zügel nicht aus der Hand geben.
Kritik nach Wahl: Wagenknecht kämpft um Deutungshoheit
Bei „Maischberger“ reagierte die 55-jährige Parteivorsitzende sichtlich gereizt. Die Sendung begann mit Diskussionen über das schlechte Abschneiden des BSW bei der Bundestagswahl. Wagenknecht erklärte, es habe „Zählfehler“ gegeben, weshalb man eine Wahlprüfungsbeschwerde eingereicht habe. Die Moderatorin Sandra Maischberger hakte kritisch nach – was zu spürbarer Spannung führte.
Ein Missverständnis sorgte zusätzlich für Unruhe. Wagenknechts Aussage, „es gibt uns jetzt ein gutes Jahr“, wurde von Maischberger so verstanden, als wolle sie andeuten, dass das BSW nicht mehr lange existieren werde. Wagenknecht stellte jedoch klar: „Das war nicht so gemeint.“
Interne Konflikte: Thüringen als Streitpunkt
Ein zentrales Thema war der innerparteiliche Streit im Landesverband Thüringen. Dort wurde Katja Wolf zur Landesvorsitzenden gewählt – gegen den ausdrücklichen Wunsch von Wagenknecht. Die Parteichefin sprach von einem „Profilverlust“, weil das BSW sich in manchen Regionen zu stark an andere Meinungen angepasst habe.
Besonders kritisch äußerte sich Steffen Schütz, der bisherige Co-Vorsitzende in Thüringen. Er trat nicht erneut an und kommentierte in seiner Abschiedsrede: „Es ist schön, wenn wir in Talkshows für Meinungsfreiheit eintreten. Wenn dieser Raum aber in der eigenen Partei eingeschränkt wird, läuft etwas falsch.“
Wagenknechts Reaktion darauf war deutlich: „Eine Partei braucht ein klares Profil. Ich komme aus einer Partei, wo der Meinungskorridor so breit war, dass niemand wusste, was er wählt. Das hat sich geändert.“
Führungsstil in der Kritik: „Keine stalinistische Kaderpartei“
Maischberger sprach mehrfach die Kritik an Wagenknechts Führungsstil an. Der Vorwurf: Sie wolle zu viel allein bestimmen. Die BSW-Chefin konterte: „Wenn ich mich durchsetze, heißt es, ich sei autoritär. Wenn ich mich nicht durchsetze, heißt es, ich habe den Überblick verloren.“
Sie betonte, dass sie ein Team wünsche, das „die Regierung kritisch begleitet“ und nicht deren verlängertes Sprachrohr sei. Trotzdem sei ihr bewusst, dass eine Partei von mehreren Köpfen getragen werden müsse.
Rücktritt? Wagenknecht denkt über neue Struktur nach
Auf die Frage, ob sie an Rücktritt denke, antwortete Wagenknecht klar: „Ich werde nicht ewig weitermachen. Aber ich bleibe, bis dieses Projekt fest etabliert ist.“ Eine Neuaufstellung sei denkbar. Die Verantwortung solle künftig auf mehrere Schultern verteilt werden, möglicherweise auch mit einem neuen Parteinamen.
Diese Aussage überrascht, denn nach der Wahlniederlage war vielerorts mit ihrem Rückzug gerechnet worden. Auch der Journalist Paul Ronzheimer merkte zu Beginn der Sendung an: „Die politische Logik wäre eigentlich: Die Karriere ist zu Ende.“
Weitere Themen der Sendung: Klima, CDU und politische Gräben
Neben Wagenknecht waren auch Philipp Amthor (CDU) und Klimaaktivistin Luisa Neubauer zu Gast. Zwischen beiden kam es zu einem offenen Schlagabtausch. Neubauer kritisierte die CDU scharf für gemeinsame Abstimmungen mit der AfD und eine Kleine Anfrage mit über 500 Fragen zum Thema Klima. „Die Union hat sich verdächtig gemacht“, sagte sie.
Amthor konterte empört: „Wer Mitte-Rechts mit Rechtsextremismus gleichsetzt, schadet der Demokratie.“ Die politische Debatte zeigte, wie tief die Gräben zwischen den Lagern derzeit sind.
Auch Journalistin Laura Kipfelsberger äußerte sich besorgt. Sie sprach von einem „Kabinett der Kulturkämpfer“, wenn führende CDU-Politiker wie Alexander Dobrindt oder Wolfram Weimer mitregieren sollten. Das erschwere eine Einigung mit der SPD.
Sahra Wagenknecht zeigt sich unbeirrt. Trotz der Wahlniederlage und offener Kritik aus der eigenen Partei denkt sie nicht an Rückzug. Im Gegenteil: Sie will das BSW umbauen und stärken. Ob ihr das gelingt, bleibt offen. Klar ist aber: Die politische Debatte um ihre Person ist längst nicht vorbei.

