Außenminister Johann Wadephul hat nach seinem Besuch in Kiew den Druck auf Russland erhöht. Gemeinsam mit seinen Amtskollegen aus Frankreich, Polen und Großbritannien fordert er Verhandlungen zwischen Moskau und der Ukraine. Während der Kreml eine 30-tägige Waffenruhe ablehnt, zeigt sich der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj bereit, am Donnerstag in der Türkei mit Wladimir Putin zu sprechen. Doch bei der Lieferung des Taurus-Marschflugkörpers bleibt Kanzler Merz unentschlossen. Das sorgt für Kritik, unter anderem vom früheren ukrainischen Botschafter Andrij Melnyk.
Deutschland fordert Gespräche – Russland lehnt Waffenruhe ab
Kurz nach Amtsantritt reiste Außenminister Johann Wadephul gemeinsam mit Vertretern aus Frankreich, Polen und Großbritannien in die Ukraine. Ihr Ziel: Ein Zeichen der Solidarität setzen und den Druck auf den Kreml erhöhen. Die Botschaft war deutlich – Russland soll direkte Gespräche mit Kiew aufnehmen.
Doch Moskau bleibt hart. Im russischen Staatsfernsehen hieß es, der Vorschlag einer einmonatigen Waffenruhe werde „geprüft“. Zuvor hatte der Kreml das Angebot abgelehnt. Stattdessen bot Russland an, Gespräche in der Türkei zu führen.
Selenskyj zeigt Gesprächsbereitschaft in der Türkei
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj erklärte sich bereit, Wladimir Putin am Donnerstag in der Türkei zu treffen. Dieses überraschende Signal wurde sowohl in Europa als auch in Washington aufmerksam registriert. Ein solches Treffen wäre das erste direkte Gespräch seit langem.
Politische Beobachter werten dies als Chance auf eine mögliche Annäherung – auch wenn viele Fragen offenbleiben. Vor allem der Kreml hat sich bisher nicht offiziell zum Treffen geäußert.
Wadephul warnt Moskau – Haltung zu Taurus bleibt offen
Wadephul betonte in Kiew, dass der Westen über „starken politischen, wirtschaftlichen und militärischen Druck“ verfüge. Dieser solle genutzt werden, um Russland an den Verhandlungstisch zu bringen. Gleichzeitig äußerte sich der Außenminister zurückhaltend zur Lieferung des Taurus-Marschflugkörpers.
„Wir prüfen alle Optionen, aber eine Entscheidung ist noch nicht gefallen“, sagte Wadephul. Diese Zurückhaltung stößt nicht nur in der Ukraine auf Kritik.
Kritik von Ex-Botschafter Melnyk: „Zeichen der Schwäche“
Der frühere ukrainische Botschafter in Deutschland, Andrij Melnyk, reagierte empört. Auf X (früher Twitter) schrieb er: „Dass Deutschland sich bei der Taurus-Lieferung weiter drückt, ist ein fatales Signal – an Putin und an unsere Partner.“
Melnyk forderte eine klare Haltung und sprach von einem „Zeichen der Schwäche“. Auch in der Regierungskoalition gibt es Stimmen, die auf eine rasche Entscheidung drängen. Vor allem Grüne und FDP hatten sich in der Vergangenheit offen für die Lieferung gezeigt.
Uneinigkeit innerhalb der Bundesregierung
Bundeskanzler Friedrich Merz sieht sich wachsender Kritik ausgesetzt. Während er betont, keine Eskalation zu riskieren, fordern andere eine klare Unterstützung der Ukraine. Laut Umfragen wünschen sich mehr als 60 Prozent der Deutschen eine stärkere Rolle der Bundesrepublik bei der Verteidigung ukrainischer Interessen.
Auch aus dem Bundestag werden Forderungen laut. Der CDU-Politiker Roderich Kiesewetter sagte im ZDF: „Wenn wir wollen, dass die Ukraine sich verteidigen kann, müssen wir liefern. Taurus wäre ein wichtiger Schritt.“
Medwedew reagiert vulgär auf Waffenruhe-Vorschlag
Der russische Ex-Präsident Dmitri Medwedew hat sich unterdessen in sozialen Medien abfällig über den westlichen Vorschlag geäußert. Er bezeichnete das Angebot einer Waffenruhe als „lächerlich“ und reagierte mit beleidigenden Worten. Die russische Führung selbst äußerte sich bisher nicht offiziell zur Teilnahme an einem möglichen Treffen in der Türkei.
Die diplomatischen Bemühungen um ein Ende des Kriegs in der Ukraine haben neuen Schwung erhalten. Ein mögliches Treffen zwischen Selenskyj und Putin in der Türkei könnte Bewegung bringen. Gleichzeitig steht Deutschland vor einer Richtungsentscheidung: Soll Taurus geliefert werden oder nicht?
Der Druck auf die Bundesregierung wächst – aus dem In- und Ausland. Außenminister Wadephul setzt Zeichen, doch echte Klarheit fehlt noch. Eine Entscheidung über die Waffenhilfe dürfte in den kommenden Tagen von zentraler Bedeutung sein.

