Friedrich Merz ist bei der Kanzlerwahl im Bundestag durchgefallen. Nur 310 Abgeordnete stimmten für ihn – sechs Stimmen zu wenig. Die geheime Abstimmung sorgt nun für Spott, Ärger und politische Unsicherheit.
Historisches Scheitern im Bundestag
Am Dienstagvormittag wollte sich Friedrich Merz zum Bundeskanzler wählen lassen. Doch er verfehlte die Mehrheit. Um gewählt zu werden, hätte er 316 Stimmen gebraucht. Am Ende bekam er nur 310. Damit ist er der erste Kanzlerkandidat in der Geschichte der Bundesrepublik, der schon im ersten Wahlgang scheitert.
Dabei hätte die Mehrheit sicher sein müssen. Die geplante Koalition aus CDU, CSU und SPD hat zusammen 328 Sitze im Bundestag. Doch offenbar stimmten nicht alle Koalitionsabgeordneten für Merz. Wer genau sich verweigerte, lässt sich nicht sagen – die Wahl war geheim.
Klingbeil unter Druck: SPD-Fraktion verunsichert
SPD-Chef Lars Klingbeil zeigte sich nach der Abstimmung sichtlich angespannt. Beobachter berichteten, dass er mit ernster Miene den CDU-Saal verließ und zur SPD ging. In einer internen Fraktionssitzung sagte er laut Teilnehmern, es gebe keinen Hinweis, dass SPD-Abgeordnete gegen Merz gestimmt hätten.
Der geschäftsführende Bundeskanzler Olaf Scholz verließ den Saal mit einem Kopfschütteln. Auf die Frage eines Journalisten, ob er sich über das Ergebnis freue, reagierte Scholz offenbar mit einem ironischen Handzeichen. Danach sagte er nur kurz: „Ich glaube, es wäre gut gewesen, wenn es im ersten Wahlgang geklappt hätte. Aber es gibt ja einen zweiten.“
Opposition spottet über das Ergebnis
Die Reaktionen aus der Opposition ließen nicht lange auf sich warten. AfD-Sprecherin Alice Weidel schrieb auf X (früher Twitter), das Ergebnis zeige, wie schwach das Fundament der neuen Koalition sei. Sie forderte Neuwahlen.
Auch Linken-Politiker Dietmar Bartsch fand klare Worte. Er nannte das Scheitern „peinlich“. Die Grünen äußerten sich bisher zurückhaltend. Ein Parteisprecher sagte der Stuttgarter Tageszeitung: „Ein solches Ergebnis ist ein Warnzeichen.“ Auch aus der FDP kamen kritische Stimmen: „Das war ein Denkzettel für Merz“, hieß es aus Parteikreisen.
Wie geht es jetzt weiter?
Laut Grundgesetz kann nun ein zweiter Wahlgang stattfinden. Auch hier braucht Merz wieder 316 Stimmen. Gelingt das nicht, kommt es zu einem dritten Wahlgang. Dann reicht die einfache Mehrheit – also mehr Ja- als Nein-Stimmen. Doch das wäre politisch ein schwacher Start für einen Kanzler.
Eigentlich war geplant, Merz noch in dieser Woche zu vereidigen. Nun ist unklar, wie es weitergeht. Sollte es erneut nicht reichen, könnte das Bündnis zwischen CDU, CSU und SPD zerbrechen. Auch Neuwahlen wären dann möglich.
Alle Kanzler bisher im ersten Wahlgang gewählt
Noch nie zuvor ist ein Kanzlerkandidat im ersten Wahlgang gescheitert. Seit 1949 wurden alle bisherigen Bundeskanzler direkt gewählt – auch in schwierigen politischen Zeiten. Das jetzige Ergebnis zeigt, wie fragil die Lage ist.
Politikwissenschaftler Martin Neuhaus sagte der Stuttgarter Tageszeitung: „Dass Abgeordnete in geheimer Wahl gegen den eigenen Kanzler stimmen, ist ein deutliches Zeichen für interne Konflikte. Merz muss jetzt das Vertrauen zurückgewinnen – sonst wird es schwer.“
Friedrich Merz steht vor einer großen Herausforderung. Das Ergebnis wirft einen Schatten auf die neue Koalition. Nun kommt es auf den zweiten Wahlgang an. Gelingt es Merz nicht, die Abweichler zu überzeugen, könnte sein Kanzlertraum schnell vorbei sein.

