Österreich begeht in den kommenden Wochen zwei bedeutende Jahrestage seiner Nachkriegsgeschichte: den 80. Jahrestag der Gründung der Zweiten Republik und das 70. Jubiläum des Staatsvertrags. Bei den offiziellen Staatsakten bleiben Vertreter Russlands jedoch außen vor. Die politische Entscheidung, keine Einladungen an die russische Botschaft zu senden, folgt klarer Linie – als Reaktion auf den andauernden Angriffskrieg gegen die Ukraine.
Staatsakt am 27. April in der Hofburg
Am 27. April 2025 findet in der Wiener Hofburg ein zentraler Festakt statt. Bundespräsident Alexander Van der Bellen lädt dazu nationale und internationale Gäste ein. Höhepunkt der Zeremonie wird die Festrede des britischen Historikers Sir Christopher Clark sein. Clark gilt als einer der renommiertesten Kenner europäischer Zeitgeschichte.
Die Veranstaltung markiert das offizielle Gedenken an die Wiedererrichtung der Republik Österreich im Jahr 1945. Damals war es vor allem die Rote Armee, die Österreich vom nationalsozialistischen Regime befreite. Doch trotz ihrer historischen Rolle bleibt Russland heute ausgeschlossen.
Russland nicht eingeladen – ein Zeichen
Die Präsidentschaftskanzlei in Wien bestätigte, dass Botschafterinnen und Botschafter aus EU-Staaten, den Vereinigten Staaten, dem Vereinigten Königreich, der Schweiz, Mexiko, dem Vatikan sowie Liechtenstein offizielle Einladungen erhielten. Die russische Föderation wurde hingegen bewusst nicht berücksichtigt.
Ein Sprecher der Kanzlei erklärte, die Entscheidung sei „Teil einer klaren außenpolitischen Haltung gegenüber der russischen Invasion in der Ukraine.“ Man wolle ein Zeichen setzen – ohne dabei die historische Rolle der Sowjetunion zu leugnen. Es gehe vielmehr um den Bruch mit völkerrechtlichen Normen in der Gegenwart.
Auch beim Staatsvertragsjubiläum bleibt Russland außen vor
Nur wenige Wochen später, am 15. Mai 2025, folgt die nächste große Gedenkveranstaltung: 70 Jahre Staatsvertrag. Damals unterzeichneten die vier Alliierten – die USA, Großbritannien, Frankreich und die Sowjetunion – gemeinsam mit Österreich das Dokument, das die volle Souveränität des Landes wiederherstellte.
Die Feier findet im historischen Sitzungssaal des Parlaments in Wien statt. Auch hier wurde keine Einladung an Russland ausgesprochen. Laut der Parlamentsdirektion gab es „keinerlei diplomatischen Austausch mit der russischen Botschaft in Wien“. Eingeladen wurden hingegen Vertreter der westlichen Unterzeichnerstaaten.
„Wir feiern unsere Freiheit und unsere europäische Zukunft – nicht die autoritäre Vergangenheit“, erklärte eine Sprecherin des österreichischen Parlaments gegenüber der Stuttgarter Tageszeitung.
Russland setzt auf eigenen Gedenktag
Russland selbst begeht wie jedes Jahr am 9. Mai den sogenannten „Tag des Sieges“ über Nazi-Deutschland. Dieser Termin hat für Moskau eine zentrale symbolische Bedeutung. Die russische Botschaft in Wien plant dazu einen eigenen Empfang, getrennt von den österreichischen Feierlichkeiten.
Für Russland bleibt dieser Tag der wichtigste Gedenktag an das Ende des Zweiten Weltkriegs in Europa. In Wien wird das Datum jedoch seit dem Ukraine-Krieg zunehmend kritisch betrachtet. Sicherheitsbehörden beobachten jährlich Demonstrationen, bei denen prorussische Symbole gezeigt werden.
Historisches Gedenken trifft auf politische Realität
Die Entscheidung, Russland nicht zu den Feiern einzuladen, ist ein starkes außenpolitisches Signal. Sie steht exemplarisch für den aktuellen diplomatischen Kurs Österreichs – ein klares Nein zu Angriffskriegen und ein Ja zur europäischen Solidarität.

